Brusterhalt um jeden Preis? Unser Standpunkt zur Brust erhaltenden Therapie

Durch die Einführung des Mammographie- Screenings als Maßnahme der Krebsfrüherkennung werden heute vermehrt auch sehr kleine Tumore diagnostiziert. Damit steigen auch die Möglichkeiten einer Brust erhaltenden Therapie (BET). Das klingt zunächst einmal sehr positiv: Erhaltung der eigenen Brust – wer möchte das nicht. Wichtigstes Ziel bei der Operation von Brustkrebs sollte allerdings nicht die Brusterhaltung sein, sondern die sichere Tumorentfernung. Daher wäre es wichtig zu wissen, ob es bei der BET zu einem vermehrtem Auftauchen von Rezidiven kommt. Dazu liegen jedoch weder in Deutschland noch international evidenzbasierte Zahlen vor.

Die steigenden BET-Raten ohne eindeutige Datenlage in Bezug auf die Ergebnisqualität (Rezidive, Mortalität) wird von uns daher mit Sorge betrachtet. Ist es sinnvoll, in jedem möglichen Fall eine BET anzustreben? Laut der S3-Leitlinie Mammachirurgie muss Patientinnen – noch vor der Operation – jede Art des Wiederaufbaus angeboten werden. Es gilt, Vor- und Nachteile der Maßnahmen im Hinblick auf die individuelle Lebensqualität sorgfältig abzuwägen. Die betroffenen Frauen benötigen Bedenkzeit, um diese für sie auch langfristig folgenreiche Entscheidungen treffen zu können:

  • Was bietet mir die größtmögliche Sicherheit vor Rezidiven und die bestmögliche Lebensqualität: Brusterhalt oder -entfernung?
  • Welche Konsequenzen hat die Brust erhaltende Therapie (z.B. Bestrahlung)? l Sollte die Brustrekonstruktion sofort oder später erfolgen?
  • Wie viele Operationen sind für die Brustrekonstruktion erforderlich, welchen Umfang haben sie und welche Belastungen bringen sie mit sich?
  • Wird Eigen- oder Fremdmaterial verwendet?
  • Welche kosmetischen Ergebnisse sind zu erwarten?

Dass gerade die unerlässlich notwendige Information und auch die Zeit für die Beschäftigung mit dem Thema häufig fehlt, belegt eine Befragung, die auf Initiative der Fachgruppe Mammachirurgie des Instituts für Qualitätssicherung und Patientensicherheit (BQS) stattgefunden hat. Abgefragt wurden speziell die Arzt-Patienten-Kommunikation und die Erfahrungen der Patientinnen mit ihrer Einbeziehung in die gemeinsame Therapieentscheidung vor der Operation.

Die Ergebnisse der Befragung stimmen bedenklich: Nur 31 Prozent der befragten Patientinnen mit Brust-OP gaben an, dass sie über die unterschiedlichen Methoden des Brustaufbaus informiert worden seien. 56 Prozent wussten vor der OP nicht, dass sie die äußere Symmetrie auch ohne Brustaufbau mit einer Prothese herstellen können. Und nur 20 Prozent der Befragten gaben an, dass das Ergebnis des Brustaufbaus so ist, wie sie es erwartet hatten.

Hier gibt es also noch viel zu tun. Ärztinnen und Ärzte müssen das Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung noch mehr verinnerlichen. Das geht nur, wenn dies bereits in der Ausbildung als wichtiger Bestandteil der Arbeit vermittelt wird. Den Patientinnen muss ausreichend Zeit eingeräumt werden, um lebenswichtige Entscheidungen treffen zu können. Und es müssen noch mehr objektive, patientenverständliche Informationen zu den Möglichkeiten und Risiken der modernen Mammachirurgie erstellt werden.

Bundesvorstand der Frauenselbsthilfe nach Krebs