Unterschriftenaktion der FSH zur Änderung des Schwerbehindertenrechts: Antwortschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales liegt nun vor

Bonn/ Berlin, 18. April 2012 - Um ihrer Forderung nach einer dringend notwendigen Änderung des Schwerbehindertenrechts Nachdruck zu verleihen, hatte die Frauenselbsthilfe nach Krebs (FSH) mit Unterstützung von KOMEN Deutschland im Herbst 2011 innerhalb von nur drei Monaten 7000 Unterschriften gesammelt. Die Listen, in die sich auch viele Ärzte und Personen aus dem Bereich der Pflege eingetragen hatten, waren im Dezember 2011 dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) überreicht worden. Nun hat die FSH den Antwortbrief des Ministeriums, Referat Vb3, erhalten, den wir hier auszugsweise wiedergeben:

Sehr geehrte Frau Meißler!
sehr geehrte Frau Schulte!

Lassen Sie mich zuerst meinen großen Respekt für Ihre engagierte Arbeit zum Wohle zahlreicher an Krebs erkrankter Frauen äußern. Ihre Unterschriftensammlung mit über 7000 Unterschriften ist sehr beeindruckend.

Für die Begutachtung nach dem Schwerbehindertenrecht ist allein die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) verbindlich, die seit dem 01.01.2009 in Kraft ist und die früheren Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht abgelöst hat. (...)

Ein Stichtagsregelung – fünf Jahre nach Diagnosestellung – gibt es in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht. In Teil B 1c der Grundsätze ist festgelegt: „Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann“. Zudem lautet Teil A 7b): „Nach Ablauf der Heilungsbewährung ist auch bei gleichbleibenden Symptomen eine Neubewertung des GdS zulässig, weil der Ablauf der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellt.“ Diese Neubewertung macht in der Regel eine neue Begutachtung erforderlich. Hier ist zu beachten, dass die Durchführung des Schwerbehindertenrechts – soweit es um die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und von Nachteilsausgleichen sowie um die Ausstellung von Ausweisen geht – allein den Ländern obliegt.(...)

Zusammenfassend lässt sich für die VersMedV feststellen, dass der Grad der Behinderung unter Berücksichtigung des biopsychosozialen Modells des modernen Behindertenbegriffs allein durch das Ausmaß der Beeinträchtigung der Teilhabe in allen Lebenslagen bestimmt wird. Daher ist für die Feststellung einer Behinderung nicht eine Diagnose oder deren Einordnung in eine Klassifikation relevant, sondern die Auswirkung einer Funktionsstörung bzw. das Zusammenwirken mehrerer Funktionsstörungen auf alle Lebensbereiche. (...)

Ergänzend möchte ich darüber informieren, dass im Rahmen der nun begonnenen Gesamtüberarbeitung der versorgungsmedizinischen Grundsätze erneut eine Expertenkommission über die Länge der Heilungsbewährung bei bösartigen Geschwülsten beraten wird. Ein genauer Zeitrahmen für diese Prüfung kann zum heutigen Zeitpunkt jedoch noch nicht genannt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Dr. med. Christa Rieck
Bundesministerium für Arbeit und Soziales